01.06.2021

Vorwort Anke Heß 01/2021

Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
jetzt ist die Katze aus dem Sack.
Es gibt 6 Line Maintenance Stationen der Lufthansa Technik, die aus Firmensicht keine Zukunft haben. Es wird zwar betont, dass “...dies die unternehmerische Sicht ist, aber nicht die unternehmerische Entscheidung”. Mittel, Maßnahmen und die Fantasie fehlen, wie eine Fortsetzung möglich sein soll. Diese „Zukunft“ gibt man lieber, wie in DUS geschehen, an die Konkurrenten wie z.B. Najak ab. Macht ausgerechnet die Konkurrenz stark.


Anke Heß 2019 © VL VL

Auf der einen Seite gehört Eurowings zur Lufthansa, wenn es aber um Wartung geht, setzt man auf Fremde. Oder muss darauf gesetzt werden, weil man in Zukunft keine Line Maintenance in der Lufthansa Technik braucht. Oder eine Line Maintenance unattraktiver für Beteiligungen ist?

Es wäre eine andere Sicht auf die Geschehnisse, wenn Eurowings seine Flugzeuge der Lufthansa Technik zur Maintenance überließe. Aber auch Eurowings Discover (ehemals Ocean) möchte gerne von einer LHA Technik repariert und gewartet werden. Eine der Begründungen: Weil ja eine Edelweiss auch von einer Swiss repariert und gewartet wird – „gleiches Unrecht für alle“. Vor dem Teilbetriebsübergang der LHT in die LHA (DAS Projekt) war die Rede davon, dass „die Kunden“ in der LHT ihre Heimat finden sollen. Das war aber ganz offensichtlich das Papier nicht wert, auf dem es verkündet wurde.

Des einen Freud, des anderen Leid. Für die Wartung der LHA ist es Glück, da durch diese Ferienflieger mehr Arbeit eingelastet wird, das heißt, mehr Arbeitsplätze erhalten werden können. Für eine LHT bedeutet das keine Arbeit und auch kein Erhalt der Arbeitsplätze. Mir fehlt hier das vielzitierte Konzernoptimum, die Lufthansa-Familie. Die wird nur eingefordert, wenn es von Seiten des Vorstands wichtig ist. Wenn alle medienwirksam ein Lied singen.

Eine Lufthansa Technik hatte ehemals Anderes vor: Eigenständig sein. DIE Technik der Lufthansa sein. Ich habe nun den Eindruck, die Tochter wird vorbereitet, um sie attraktiv zu machen. Ob an der Börse oder für Beteiligungen. Die „2. Bank“ in diesem Unternehmen – nach der LSG – wird zersägt. Auf der Angebotsliste stehen noch mehr.

Es laufen Projekte über Projekte in allen Konzernbereichen. ReNew, New Tomorrow, Next Level, RICE und was es sonst noch so gibt, werden in den verschiedenen Mitbestimmungsgremien vorgestellt und beraten. Noch gibt es keine Interessensausgleiche / Sozialpläne.

Das Freiwilligenprogramm now! nimmt einen großen Raum ein. Sprinterprämien für ATZ und Aufhebungsverträge. Es gibt die Hoffnung, dass genügend Mitarbeitende auf freiwilliger Basis das Unternehmen verlassen, um mit der geringeren Anzahl an Beschäftigen für eine gesicherte Existenz der verbleibenden Arbeitsplätze zu sorgen.

Ich denke, man kann meinen Frust herauslesen. Auch wenn wir nun monatelang Webcasts geschaut haben, fehlt mir immer noch die Richtung. Einzig ich weiß, die Zahlen sind tiefrot und wir sind zu viele. Auch wenn alle, die man errechnet hat, das Unternehmen verlassen hätten, wären wir 2022 erst einmal immer noch zu viel Personal – falls nicht der Flugverkehr unverhältnismäßig anziehen würde, alle Länder die Grenzen öffnen und die Menschen nur noch in die Welt fliegen wollen. Scheint mir erst einmal unrealistisch. Also immer noch zu viele, die dann 2022 mit 100% auf der Payroll stehen. Nebenbei soll dann auch noch das geliehene Geld zurückgezahlt werden und die neuen (günstigen) Flugzeuge auch noch bezahlt werden. Mir schwant Böses.

Natürlich wünsche ich mir, dass alle Menschen irgendwann geimpft sind, die Grenzen zum Reisen wieder geöffnet sind und Lufthanse mit allem was sie hat wieder in der Luft ist. Ein Licht am Ende des Tunnels muss es ja, für die, die überbleiben, geben.

Uns allen dürfte klar sein, eine Lufthansa - wie vor Corona - wird es nicht mehr geben. Aber daran haben nicht nur die Viren gearbeitet, unsere Führung ist ebenfalls damit beschäftigt. Zynisches Argument: Endlich eine Krise, die tatsächlich eine Krise ist und in der man vorbehaltlos Ballast abzuwerfen sucht. Es wird mit der Angst um den Arbeitsplatz gespielt.

Wenn alle Mitbestimmungsgremien sich auch wieder darauf besinnen würden, wofür sie angetreten sind und gewählt wurden, wäre das in dieser Situation hilfreich. Die Themen sind nun mal überwiegend nicht erfreulich und es müssen unter Umständen auch unpopuläre Entscheidungen gefällt werden. Solange diese Einschnitte für einen Zeitraum befristet sind, damit eben Arbeitsplätze erhalten bleiben. Den Kopf in den Sand stecken und warten bis alles vorübergeht, hilft nicht. Nach dem St. Floriansprinzip darauf zu warten, dass es den anderen trifft, auch nicht. Hier ist Solidarität gefragt. Diese wird doch für einen begrenzten Zeitraum möglich sein?

Von den Tarifpartnern erwarte ich, dass die Sozialpartnerschaft erhalten bleibt. Die ist für das Verhandeln wichtig, heißt geben und nehmen und nicht zwei feste Standpunkte zu vertreten, um diese dann vor Gericht zu klären.

Lufthansa Cargo ist zurzeit die „CashCow“ des Unternehmens. Fracht wird fleißig geflogen und damit ordentliches Geld verdient.

LSG Europe ist verkauft, Der internationale Teil der LSG wird weiterhin angestrebt zu verkaufen. Dafür müssen sich nur die Rahmenbedingungen wieder ändern.

Der Umbau vom Aviation zum Airline Konzern wird weiter vorangetrieben.

Die vom Arbeitgeber aufgezeigten Bilder erscheinen der Belegschaft düster und wirklich realistisch? Die Pandemie und ihre Auswirkung wird weltweit genutzt, um drastische Zugeständnisse zu fordern - im Gegenzug wird mit massivem Stellenabbau gedroht.

Es kann und darf nicht sein, dass die Krise dazu genutzt wird, Personal betriebsbedingt zu kündigen, Tarifstrukturen aufzubrechen und die Arbeitsbedingungen dauerhaft unter das heutige Niveau abzusenken. Darüber hinaus Umstrukturierungen voranzutreiben, die nicht krisenbedingt sind, sondern unter diesem Deckmantel verpackt werden.

Der Arbeitgeber hat gegenüber den Mitarbeitenden eine Verpflichtung. Alles andere wäre unsozial und verantwortungslos.

Im §2 des Betriebsverfassungsgesetztes steht: „das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs“. Zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs betrifft nun mal die wirtschaftliche Auswirkung für beide Seiten und darauf vertraue ich, dass beide Seiten in naher Zukunft daran arbeiten werden. Das wird erforderlich sein.

Die Politik möchte diese Szenarien vermeiden und setzt das Mittel Kurzarbeitergeld und Kredite für Unternehmen ein, um die Krise zu überbrücken.

Auch in der Lufthansa haben viele Bereiche über tarifliche Vereinbarungen ihr Scherflein beigetragen und werden es, so denke ich, auch weiter tun – für den Zeitraum der Krise!

Dabei sind sinnvolle Lösungen gefragt, die die Möglichkeiten der Mitarbeitenden nicht überfordert. Ziel sollte es sein, so viele wie möglich an Bord zu behalten, um beim Neustart in der „Pole Position“ zu stehen. Möglichkeiten hierfür (siehe S4+5) wurden schon vor langer Zeit geschaffen.

Ich hoffe, dass wir schnell das Niveau vor der Krise, mit so viel Beschäftigungspotential wie möglich, wieder erreichen.


vorwort_01_2021 Autor: Anke Heß

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