06.04.2018

Vorwort des Vorsitzenden 01/2018

Liebe Mitglieder,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich begrüße Sie sehr herzlich zur ersten - wenn auch etwas verspäteten - Ausgabe unseres VL-Magazins in diesem Jahr. Etwas verspätet deshalb, weil wir die Ergebnisse dreier für uns alle wichtigen Ereignisse im ersten Quartal abwarten wollten: Die Tarifverhandlungen, die Aufsichtsratswahlen für den Aufsichtsrat der Lufthansa AG, sowie die Betriebsratswahlen, deren Ergebnisse uns zum Redaktionsschluss leider noch nicht komplett zur Verfügung standen.


Frank Schott © VL

In meinen bisher über 31 Lufthansajahren habe ich noch keinen Tarifabschluss erlebt, der bei einem Teil der Belegschaft nicht auf Kritik gestoßen wäre und von Gewerkschaftsgegnern gerne genutzt wurde, um mit Halbwahrheiten in unfairer Weise für die eigene Sache zu werben.

So umstritten der diesjährige Abschluss, vor allem innerhalb der Lufthansa Technik, auch sein mag, so vehement verteidige ich das in meinen Augen sehr gute Ergebnis! Sicherlich mag der monetäre Teil für den einen oder anderen aus der Sicht des individuellen Arbeitsumfelds heraus enttäuschend sein. Eine Sicht, die in meinen Augen sehr kurz geraten, egoistisch und extrem unsolidarisch ist. Es wird immer wieder sehr gerne vergessen, dass auch die Geschäftsleitung mit eigenen Forderungen in diese Verhandlungen gegangen ist:

Zersplitterung des Manteltarifvertrages in Geschäftsfeldmanteltarifverträge. Das würde es den Vorständen auf lange Sicht wesentlich einfacher machen, Eingriffe in den MTV vorzunehmen.

Die tabellenwirksame Erhöhung (Lufthansa wollte zu Beginn der Verhandlungen NICHTS geben!) sollte bei der LSG nicht greifen, sondern in Form einer Einmalzahlung abgegolten werden!

Und noch einmal LSG: Der Konzernanteil aus dem TV Ergebnisbeteiligung sollte hier ab sofort ebenfalls nicht mehr zur Auszahlung kommen. Dies hätte für die Beschäftigten der LSG zur Folge gehabt, überhaupt nicht mehr an den Gewinnen des Konzerns beteiligt zu werden.

Diese drei Extremforderungen abgewehrt und somit verhindert zu haben, dass die Belegschaft der LSG damit quasi aus dem Konzernverbund herausgelöst würde, ist ein großer Erfolg der Kolleginnen und Kollegen, die ehrenamtlich in der Konzerntarifkommission die Interessen ALLER Geschäftsfelder vertreten! Sicherlich mussten auch bei diesem Ergebnis die berühmten „Kröten“ geschluckt werden, wie die lange Laufzeit und die ergebnisabhängige, zweite tabellenwirksame Erhöhung ab dem 01.05.2019, die für einige Geschäftsfelder wohl zur Folge hat, nicht die gesamten 3% Vergütungserhöhung zu erhalten. Aber auch hier ist es der ver.di-Verhandlungskommission gelungen, entgegen den Vorstellungen des Vorstands, eine Mindesterhöhung von 1,8 % für alle Geschäftsfelder durchzusetzen.

Solidarität ist die Grundlage und Basis für eine erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit und vor diesem Hintergrund braucht sich das diesjährige Gesamtergebnis vor keinem bisher erreichten Abschluss anderer Gewerkschaften zu verstecken. Dies vor allem auch, weil es kein anderes Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland gibt, in dem derart viele unterschiedliche Berufe und Tätigkeiten vereinigt sind.

In Seeheim haben am 2. und 3. März 2018 die Delegierten aus dem gesamten Konzern die Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa AG für die kommenden fünf Jahre gewählt. Der gesamte Bundesvorstand der Vereinigung Luftfahrt e.V. gratuliert an dieser Stelle allen neu- und wiedergewählten Kandidatinnen und Kandidaten zu ihrer Wahl und wünscht Ihnen für die kommenden Jahre alles Gute und eine glückliche Hand in diesem sehr wichtigen und schwierigen Amt. Aufgabe und Auftrag eines Aufsichtsrats lassen eine Mitbestimmung im klassischen Sinne nicht zu. Dennoch haben auch hier die Mandatsträger auf der Arbeitnehmerbank durchaus die Möglichkeit, ihre Vorstellungen und Ideen einzubringen und somit zu versuchen, die Politik und die Entscheidungen des Konzernvorstandes zu Gunsten und im Sinne der Belegschaft mitzugestalten.

Auch hierfür wünschen wir viel Erfolg!

Auch die Betriebsratswahlen in den meisten Lufthansa Geschäftsfeldern und den einzelnen Standorten sind durchgeführt. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass sich die einzelnen Listen während des Wahlkampfs ihren Wählern natürlich als die besten und mit den geeignetsten Kandidaten präsentieren wollen und sicherlich weiß jeder, dass man nicht allen Versprechungen Glauben schenken und jeden Slogan auf die Goldwaage legen darf. Der unterschwellige Vorwurf, andere Listen seien zu „Geschäftsleitungsnah“ geht mir persönlich dann doch zu weit.

Ich möchte nicht bestreiten, dass es Kandidatinnen oder Kandidaten gibt, deren persönlicher Vorteil eines Betriebsratsmandats durchaus Vorrang vor den Interessen der Belegschaft hat, was auch immer dieser Vorteil sein mag. Dieses Phänomen gibt es leider immer und überall und kann nur durch die Wähler selbst bei der nächsten Wahl geändert werden.

Wer aber diesen Vorwurf gegenüber Betriebsräten erhebt, die versuchen konstruktiv und vertrauensvoll Lösungen für und im Sinne der Belegschaft zu finden, kennt mehr als offensichtlich das Betriebsverfassungsgesetz und den § 2 Abs. 1 nicht, denn hier steht wörtlich:

„Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.“

Noch nie hat ein reiner Konfrontationskurs zu einem Erfolg geführt, sondern ist eher schädlich für diejenigen, deren Interesse ein Betriebsrat zu vertreten hat.

In diesem Sinne wünsche ich allen neuen Betriebsrätinnen und Betriebsräten ebenfalls viel Erfolg, verbunden mit dem Wunsch, Gräben zu überwinden, aufeinander zuzugehen, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, sich mit den eigenen Erfahrungen und Kenntnissen zu ergänzen und eine Spaltung der Arbeitnehmervertreter zu verhindern.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich wünsche Ihnen und uns allen eine hoffentlich ruhigere, sichere Zeit und ein für alle etwas entspannteres und stressfreieres Arbeitsleben.


Vorwort 01 2018 Autor: Frank Schott

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