Vorwort der Vorsitzenden
Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,
das erste Drittel des Jahres 2023 ist schon fast um. Was hat sich getan?
Der Krieg in der Ukraine und alle damit verbundenen Probleme bestehen weiter. Post Corona für die Arbeitswelt besteht ebenfalls weiter. Gefühlt hat sich - für mich - erst einmal nichts verändert.
Der Jahresabschluss einer Lufthansa ist besser als erwartet. Maßgeblich wurde dies durch die Töchter Lufthansa Cargo und Lufthansa Technik beigesteuert.
Der Verkauf des verbleibenden Teils der LSG Group an den Finanzinvestor Aurelius soll bis zum dritten Quartal diesen Jahres abgeschlossen sein. Das Europageschäft von LSG Sky Chefs wurde bereits 2019 an die Schweizer Gategroup veräußert. Auch der Geschäftsreisedienstleister Airplus und ein Minderheitsanteil an der Lufthansa Technik stehen noch auf der Verkaufsliste. Die Übernahme von ITA Airways durch Lufthansa ist wohl „in trocken Tüchern“ und es soll nicht mehr allzu lange dauern, bis Lufthansa offiziell den Alitalia Nachfolger, zumindest erst einmal anteilig, übernimmt. Der Umbau vom Aviation Konzern zum Airline Konzern bleibt im Fokus.
Der Stress und Druck durch zu viel Arbeit und zu wenige Schultern, auf die sich die Last verteilt, beeinflusst nicht nur die Luftfahrt-Industrie. Während Corona hat man sich hier, obwohl der Staat durch Kurzarbeitergeld die Arbeitsplätze gesichert hat, von zu vielen Menschen für viel Geld verabschiedet. Nun wird wieder viel Geld in die Hand genommen, um Verpflichtung zu Mehrarbeit auf 40 Stunden pro Woche und eine „Nicht Wechsel Garantie“ zu finanzieren. Hinzu kommen noch finanzielle Mittel für diejenigen, die gelungene Werbung für Mitarbeitereinstellungen tätigen. Ein Zustand, der schon vor Jahren mit dem Titel „demographischer Wandel“ angemahnt wurde und nun, aus meiner Sicht nicht überraschend, eingetreten ist. Die jetzige Situation haben viele auf Betriebsebene vorausgesehen. Trotz aller Warnungen wurde dies auf der Entscheidungsebene ignoriert. Es wurde im letzten Jahr durch viele personelle Abgänge - und wird sich wohl auch noch in nächster Zeit - von jahrelang gewachsenem Know-How verabschiedet. Egal auf welcher Ebene und in welchem Bereich. Das „mal schnell“ wieder aufzubauen, funktioniert nicht. Da wird viel Wissen verlorengehen. Aber das hat man sicher bei den Entscheidungen alles bedacht…
Dafür wird neu eingestellt – wenn sich jemand findet, der dann auch bleibt. Das ist aber nicht nur ein Thema der Lufthansa und der Luftfahrt, sondern der Industrie in Deutschland. Bewerber können sich den attraktivsten Arbeitgeber aussuchen. Es reicht also nicht aus, einfach nur „die Lufthansa“ zu sein. Sozial, arbeitnehmer- und familienfreundlich sollte das Unternehmen sein. Nah am Mitarbeiter. Daran scheitert es auch schon, denn alles, was nah am Mitarbeiter war, wurde weit weg angesiedelt. Kurze, schnelle Wege und Entscheidungen gibt es nicht.
In der Lufthansa Technik gab es vor Jahren die Befragung „Great Place to Work“. Außerdem noch das Projekt „More than a Job“. Was gäbe es hierzu im Unternehmen zu benennen? Oder besser, was muss sich verändern um dieser Place - für alle(!) - zu sein? Was hat Lufthansa noch mehr zu bieten als den Job? Denn auch die klassischen Rollenbilder Vater und Mutter haben sich verändert und somit der Anspruch der Mitarbeitenden an einen Arbeitsplatz. Das, was früher ein toller Arbeitsplatz war, ist heute evtl. weit entfernt davon. Immerhin hat Corona den Unternehmen bewiesen, dass auch Arbeit von zu Hause aus möglich ist. Leider, aber nachvollziehbar, nicht in den operativen Bereichen. Die Vorteile, die beim Unternehmen durch Homeoffice erzielt werden, könnte man zum Ausgleich dort verwenden, bei denen ein Homeoffice nicht möglich ist.
Die Bewerber haben jedenfalls die Qual der Wahl, denn gesucht wird überall. Jedem gut ausgebildete Menschen auf dem Arbeitsmarkt stehen alle Türen offen. Also muss ein Interesse des Unternehmens daran sein, der begehrteste Arbeitgeber zu werden. Das heißt Verbesserungen für jetzige Mitarbeiter, um diese zu halten und zukünftige Mitarbeiter, um diese einstellen zu können. Auch im Bereich der Auszubildenden gehört nachgelegt, wenn man die Besten ausbilden möchte, die dann auch übernommen werden.
Und bei der Verwirrung um die oben schon angeführten Prämien-Zahlungen, die durch Fehlplanung entstandenen personellen Löcher zu stopfen, entsteht im Unternehmen viel Unmut. Es gibt Mitarbeitende, auf die eine Zahlung zutrifft und andere, die davon ausgeschlossen sind.
Ich möchte daran erinnern, dass das Unternehmen die Möglichkeit hat, ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Betrag bis zu 3.000 zu Euro gewähren. Das sieht die sogenannte Inflationsausgleichsprämie vor, die der Bund auf den Weg gebracht hat. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung eines steuerlichen Freibetrags der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Dies wäre doch schon eine Möglichkeit, allen Mitarbeitenden für Ihre Leistung in der Krise Achtung zu zollen und ein weiterer Ansatz für einen „Great Place to Work“. Was nicht geht, ist, diese Prämie mit einer Tarifrunde zu vermengen.
„Nebenbei“ wird auch noch geflogen. Nicht das, was man könnte, sondern an dem ausgerichtet, was das Unternehmen und das Umfeld zu leisten vermag. Ob die Einschätzungen zutreffen, wird sich im Sommerflugplan hoffentlich positiv zeigen. Ich wünsche es zumindest für die Fluggäste und die Mitarbeitenden. Der Osterflugplan scheint, dank der Ausdünnung, positiv verlaufen zu sein
Ich wünsche Ihnen allen eine schöne und stressfreie Sommerzeit. Achten Sie bitte auf sich!
Viele Grüße
Anke Heß - VL Bundesvorsitzende