Vorwort Anke Heß
Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich hoffe, Sie hatten alle einen guten Start in das Jahr 2019.
Neues Jahr, neues Glück.
Die Luftfahrtbranche ist, wie sagt man so schön – volatil. Dies scheint besonders auf das angelaufene Jahr 2019 zuzutreffen. Es wird zwar regelmäßig gesagt und geschrieben, dass sich die Airlinewelt so schnell verändern würde, aber was bisher in diesem Jahr in der Luftfahrt geschehen ist, ist schon einmalig.
Während ich dies schreibe, stehen die Germania Maschinen schon zwei Wochen am Boden. Ein neuer Investor wird gesucht, derweil sich schon andere Gesellschaften über die frei gewordenen Kapazitäten am Markt hermachen. Dieses Schicksal droht auch noch anderen europäischen Airlines, wie zuletzt durch die Insolvenz der flybmi am 16. Februar 2019.
Der A380, der ganze Stolz der europäischen Luftfahrtindustrie, wird nur noch bis 2021 gebaut, dann war’s das. Wie konnte es soweit kommen? Derzeit streiten sich die selbsternannten Experten, ob das Flugzeug zehn Jahre zu früh oder zehn Jahre zu spät in den Markt kam. Die einfachste und vielleicht auch plausibelste Erklärung ist, dass das Flugzeug schlichtweg zwei Triebwerke zu viel hat. Wie dem auch sei, es ist sehr schade, dass dieses technische Prunkstück europäischer Ingenieurskunst ab 2021 nicht mehr gebaut wird.
Etihad stornierte 42 A350-900 Bestellungen bei Airbus. Sollten die Scheichs festgestellt haben, dass manche Expansionspläne doch zu hoch und weit gegriffen sind? Am Flugzeug kann es – im Gegensatz zum A380 – nicht gelegen haben. Ist doch der A350-900 eines der effizientesten, wenn nicht sogar das effizienteste Flugzeug, was er derzeit auf dem Markt gibt.
Thomas Cook stellt seine Airlines, auch Condor, zum Verkauf. Diese Meldung lässt die Phantasie blühen. Viele Kolleginnen und Kollegen im Betrieb sagen laut und deutlich: Die Lufthansa sollte unbedingt diese Traditionsmarke wieder zurückkaufen.
Lufthansa führt Gespräche mit ver.di und dem Konzernbetriebsrat zur Zukunft der LSG. Die wesentlichen Forderungen der Gewerkschaft: Keine betriebsbedingten Kündigungen nach 2020, Erhalt der Tarifverträge im Lufthansa-Konzern, umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen für alle Kolleginnen und Kollegen.
Dagegen wirken die Forderungen der Arbeitgeberseite schon fast skurril: Bis zu 50 % (weitere) Lohnkürzung sowie den Abbau von 3.000 Beschäftigten in Deutschland. Zusätzlich droht weiterhin der Verkauf an eine „Heuschrecke“ – oder sind das deren Vorbedingungen? Wertschätzung, nach mehr als 50 Jahren im Konzern, sieht sicher nicht so aus… Daraufhin wurden die Gespräche abgebrochen. Kann es sein, dass derzeit bei der LSG tarifpolitisch „alle Dämme brechen“?
Lufthansa Technik ist gelähmt durch die „Richtungsweisung“. Aber „irgendwie“ sind wir das ja gewohnt. Von Network über Core, NLS und, und… Kaum waren die einzelnen Projekte um, wurde wieder neu losgelegt, um beim nächsten Projekt erneut alles in Frage zu stellen.
Die Mitbestimmung soll ja, laut der Informationsflyer an die Belegschaft, bestens eingebunden sein. Das hängt aber wohl von der jeweiligen Sichtweise ab.
„Das Projekt“, in unserer letzten Ausgabe noch mit zwei Projektleitern genannt, hat mittlerweile elf Teilprojekte und achtzig Mitarbeiter. Die Lufthansa Technik prüft, wie sie – ohne ihre Line Maintenance für DLH in Frankfurt und München - alleine weiter bestehen kann und die Lufthansa Passage überlegt, wie die Richtungsweisung umgesetzt werden kann/soll. Koste es, was es wolle. Warum wird eigentlich nicht dieses ganze Projekt in Frage gestellt? Dabei gibt es sicherlich viele Fragen und um diese vorab zu klären, wäre eine rechtzeitige, vollumfängliche Information und Einbindung der Mitbestimmung notwendig. Aber dem Arbeitgeber ist eher wichtig, erst mal zu klären, welche Mitbestimmung er denn überhaupt informieren muss. Und wenn er dann informiert hat, sind die Fragezeichen genauso groß wie vorher.
Um dieser Angelegenheit vereint entgegenzutreten, sollten sich alle Kolleginnen und Kollegen einmal überlegen, wie man Geschlossenheit signalisiert. Solange der Zusammenhalt der Belegschaft des Unternehmens durch den Arbeitgeber aufgebrochen und kleinteilig gemacht wird, funktioniert das nur übergreifend. Der Einzelne hat keine Möglichkeit mehr – es sei denn, er/sie wäre Mitglied im LH-Vorstand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all diese Probleme belasten die Kolleginnen und Kollegen, die Mitbestimmung und die Gewerkschaft in bisher ungekannter Größe und Komplexität. Sei es bei Lufthansa, Lufthansa Technik, LSG, Germania, Condor oder auch bei Airbus.
Ohne eine stark organisierte Interessenvertretung des Personals, sei es in der Gewerkschaft ver.di und/oder einem starken Betriebsrat wird die Zukunft schwierig zu gestalten sein. Horrorszenarien sind genügend im Umlauf.
Ihre Vereinigung Luftfahrt wird jedenfalls alles tun, um dem entgegenzuwirken
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Anke Heß