ver.di kündigt TVVS - Mehr Stärke für starke Forderungen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den vergangenen Wochen haben wir bereits intensiv mit dem Arbeitgeber zu einem neuen Tarifvertrag Vergütungssystem (TVVS) verhandelt.
Dabei haben wir Positionen ausgetauscht, uns Ideen und Strukturen für ein neues System vorgestellt und wissen inzwischen teils grob, aber an anderen Stellen schon sehr detailliert, wo die jeweils andere Seite steht. Was bisher von den Arbeitgebervorstellungen bekannt ist:
Die Einkommen in der Produktion sollen um 5% durch eine Zulage angehoben werden. Gleichzeitig sollen die Vergütungsendwerte abgesenkt werden. Dadurch würden Beschäftigte in der Produktion den neuen, abgesenkten Endwert schneller erreichen. Die zweijährigen Stufensprünge sollen erhalten bleiben, aber abhängig von der individuellen Leistung, die ausschließlich vom Arbeitgeber bewertet wird, beschleunigt oder auch ausgesetzt werden können.
- Nur Vorleute und Meister sollen höhergruppiert werden.
- Das von LHT vorgeschlagene Vergütungssystem sieht nur noch zehn anstatt 14 Vergütungsgruppen vor. Das würde zu einer Stauchung von Tätigkeiten führen, die heute in unterschiedlichen Vergütungsgruppen sind. Auf welchem Vergütungsniveau die neuen Vergütungsgruppen aus Arbeitgebersicht liegen ist bislang unbeantwortet.
- Angestrebt wird eine "Alt-Tabelle" für heutige Beschäftigte, die nicht ins neue System wechseln wollen und eine abgesenkte Tabelle für heutige Beschäftigte, die ins neue System wechseln wollen sowie verpflichtend für alle Neueinstellungen.
- Neue Zulagen sollen eingeführt und bestehende Zulagen angepasst werden.
- Beschäftigte aus den anderen Unternehmen des TVVS (LEOS, Systems, LTL, etc.) sollen nicht partizipieren. Ebenfalls soll es keine Verbesserungen für administrative LHT Beschäftigte geben. Einzelne Tätigkeiten in der Administration möchte die Arbeitgeberseite strukturell und damit wahrscheinlich auch finanziell abwerten.
Unsere Bewertung
Zusammengefasst profitieren die heutigen LHT- und LTT-Beschäftigten von dem Arbeitgebervorschlag kaum, großeTeile der heutigen Belegschaft gar nicht. Bei anderen, wie in Teilen der Admin, sollen Tätigkeiten abgesenkt werden.
Darüber hinaus wird die arbeitgeberseitig vorgesehene Absenkung der Vergütungsendwerte bei langen Beschäftigungszeiten zu einem Sparmodell. Tätigkeiten werden damit auf lange Sicht entwertet. Das Lebenseinkommen wäre damit geringer als das heutige. Lediglich Vorleute und Meister sollen, wenn es nach dem Arbeitgeber geht, strukturell aufgewertet werden.
Aus unserer Sicht ist dieses Angebot deutlich zu kurz gesprungen und an anderer Stelle eine Verschlechterung des heutigen Systems. Als ver.di wollen wir keine Abwertung von Tätigkeiten, kein Absenken von Vergütungen. Auch reicht es nicht, ausschließlich Vorleute und Meister strukturell aufzuwerten.Beim Thema Zulagen hingegen denken wir, dass der Arbeitgeber auf einem guten Weg ist.
Unsere ForderungenNeben den durch den Arbeitgeber aufgeworfenen Punkten, wo es bereits Differenzen gibt, haben wir selbstverständlich auch unsere eigenen Themen und Forderungen. Dabei setzen wir mit unseren Forderungen in der Breite des Unternehmens an.
Außerdem gelten unsere Forderungen sowohl für Beschäftigte in der Produktion als auch in der Admin.
Hier ein Auszug unseres Forderungskataloges:
- Jährliche Stufensteigerungen bei bisherigen Vergütungsendwerten.
- Finanzielle Anhebung der technischen Tätigkeiten.
- Aufwertung der gewerblichen Ausbildung (Berufseinstieg) durch gleichwertige Eingruppierung nach Berufsausbildung auf dem Niveau der heutigen VG 3A.
- Einführung eines Treuebonus für lange Betriebszugehörigkeiten.
- Erhöhung bestehender Zulagen sowie Einführung einer künftigen Dynamisierungsregelung, die die Zulagen nach jeder Tariferhöhung automatisch anpasst.
- Zusätzliche Vergütung bei Cross- und Mehrfachqualifikationen (z.B. mehrere Muster, NDT, etc.)
- Abgrenzung zwischen Tarif und AT so- wie Wechselmöglichkeit von AT zurück in den Tarif.
Bessere Facharbeiterkarriere entwickeln,
z.B. durch breiteren Zugang in die Vergütungsgruppe des SF2+. Dies soll durch eine breitere Auswahl an Sonderaufgaben als heute möglich werden. Außerdem soll die Anzahl der Sonderaufgaben, die für die Höhergruppierung nötig sind, reduziert werden, damit künftig mehr Kolleginnen und Kollegen SF2+ werden können.
Künftig zwei Vergütungsgruppen für SF0 und SF1, damit der SF1 aufgewertet wird.
Feste Stufensteigerungen in VG 4D.
TVVS KündigungWie ihr seht, die Vorstellungen der Arbeitgeberseite und unsere Forderungen liegen weit auseinander. Parallel dazu gibt es auch Punkte, wie
z.B. die Vergütungsendwerte, die wir verteidigen müssen. Auch unsere ambitionierten Forderungen werden sich unserer Einschätzung nach nicht ohne weiteren Druck durchsetzen lassen.
Vor diesem Hintergrund haben wir als Tarifkommission gemeinsam diskutiert, ob wir der Meinung sind, dass wir ohne Kündigung des Tarifvertrages TVVS den entsprechenden Druck aufbauen können, um am Verhandlungstisch zu einem guten Tarifergebnis zu gelangen. Gleichzeitig haben wir in unsere Bewertung die aus unserer Sicht klar spaltende und druckaufbauende Kommunikation des Arbeitgebers einfließen lassen.
Trotz einer konstruktiven Verhandlungsatmosphäre und einzelnen Gemeinsamkeiten, wie beispielsweise bei der Zulagenthematik, haben wir uns in Anbetracht der noch weit auseinander liegenden Forderungen und Angebote dazu entschieden den Tarifvertrag zu kündigen. Damit können wir im weiteren Verhandlungsverlauf mehr Druck für unsere Themen und gegen Verschlechterungsansätze des Arbeitgebers machen.
Der TVVS hat eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten, so dass wir diese Kündigung nicht weiter nach hinten schieben wollen, um das Druckmittel später gegebenenfalls nutzen zu können. Zusammen mit der Ende des Jahres anstehenden Vergütungstarifrunde sind wir der Meinung, dass wir genug Dynamik erzeugen können, um die Themen und Forderungen in unserem Sinne bewegt zu bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird noch ein steiniger Weg Richtung Tarifabschluss. Bislang ist - auch wenn der Arbeitgeber gerne etwas anderes vermitteln möchte - noch nichts in Stein gemeißelt. Zu weit liegen die Vorstellungen noch auseinander. Gemeinsam mit euch bekommen wir die Lücken in unserem Sinne geschlossen. Dafür brauchen wir euch, die sich geschlossen an unsere Seite stellen.