Einigung zum Nachteilsausgleich für aufgebaute Minusstunden erreicht - KUG Review
Wir alle kennen die erheblichen Belastungen, die wir in nunmehr fast zwei Jahren Kurzarbeit ertragen mussten. Verständlich ist da natürlich die riesen Verärgerung, die die rückwirkenden Korrekturen und dem damit einhergegangenen Aufbau von Minusstunden ausgelöst hat.
Gerade im L/T Bereich und hier vor allem bei den Kolleg:innen, die in den D und E Plänen arbeiten (in diesem Bereich ein gängiger Begriff) kam es zu einer großen Anzahl von Fehlern in der Zeitwirtschaft, die einen klaren Verstoß gegen die Vorschriften der Bundesagentur für Arbeit darstellten.
In unzähligen Gesprächen zwischen Vertretern des Arbeitszeitausschusses und der Geschäftsleitung konnten die Gründe hierfür identifiziert werden. Zusammenfassend kann man hier sehr deutlich sagen: Niemanden als Person und keinen Fachbereich kann man dafür in die Verantwortung nehmen. Weder die Planer, noch die Meister oder Vorleute, die mit den monatlichen Einsatzplänen beschäftigt waren, noch das B/DE Team. Alle Beteiligten haben in dieser herausfordernden Zeit nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet!
Der Grund liegt schlicht und ergreifend darin, dass die beiden Systeme Workforce + und Taris die komplexen Regularien während der Kurzarbeit in Verbindung mit den im LT-Bereich zum Teil ebenfalls sehr komplexen Arbeitsmodellen nicht abbilden konnten.
Daher waren die rückwirkenden Korrekturen unbedingt notwendig, um eine millionenschwere Rückforderung seitens der Bundesagentur für Arbeit zu vermeiden. Die Mehrheit des Betriebsrats ist sich darüber einig, dass dies natürlich auch im Sinne der Belegschaft ist.
Vor diesem Hintergrund hat der Betriebsrat diesem Vorgehen zwar vorerst nicht widersprochen, aber dringend darauf bestanden, dass die Folgen hieraus nicht zu Lasten der betroffenen Kolleg:innen gehen dürfen.
Nach intensiven, dreitägigen Gesprächen mit der Geschäftsleitung im Januar konnte nunmehr eine einvernehmliche Lösung erreicht werden:
Minusstunden, die durch die rückwirkenden Korrekturen entstanden sind, werden bis zur Höhe des individuellen KUG-Referenzwertes wieder gutgeschrieben.
dies gilt auch für die Stunden, die durch Mehrarbeit oder Reisezeiten entstanden sind, jedoch zu spät wieder abgebaut wurden.
für die individuellen Fälle, in denen exorbitant viele Minusstunden entstanden sind, werden Einzellösungen gefunden.
in den Fällen, in denen der KUG Referenzwert, also der Saldenstand, der die Grenze für die Kurzarbeitsfähigkeit darstellt, nur um Minuten oder Stunden überschritten wurde und im Rahmen der rückwirkenden Korrekturen ein ganzer A-Tag gesetzt wurde, gibt es eine entsprechend Gutschrift von bis zu 7,50 Stunden.
In den drei Tagen der Gespräche wurden unzählige Einzelfälle betrachtet, die einzelnen Monate wurden angeschaut und es wurde sehr genau analysiert, wie die vielen Minusstunden entstanden sind.
Für alle Beteiligten war das eine im sprichwörtlichen Sinne Sisyphusarbeit, die es der Verhandlungsgruppe im Ergebnis aber dann doch ermöglichte, die Geschäftsleitung von der unbedingten Erforderlichkeit eines Nachteilausgleichs zu überzeugen.
Es wurden sich hier auch die Fälle angeschaut, in denen sich betroffene Kolleginnen und Kollegen direkt an den Arbeitszeitausschuss gewandt und sich über den nicht nachvollziehbaren Aufbau von teilweise bis zu mehreren hunderten Minusstunden beschwerten.
Da in diesen Fällen, trotz intensiver Betrachtung und Recherche, zum Teil keine Erklärung für diese exorbitant hohen Minussalden gefunden werden konnte, hat man sich, wie bereits oben beschrieben, darauf geeinigt, hier gesonderte Lösungen zu finden.
Da es auf Grund der Menge schlicht nicht möglich war, bei allen Kolleg:innen eine derart detaillierte Betrachtung durchzuführen und sicherlich daher auch nicht alle Fälle entdeckt werden konnten, sollten sich Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls von solchen erheblichen Minussalden betroffen sind, direkt an den Arbeitszeitausschuss wenden, damit diese Vorgänge dann gezielt zur Problemlösung an die Geschäftsleitung weiter geleitet werden können.Wir finden, die Verhandlungsgruppe konnte hier ein wirklich gutes und tragbares Ergebnis für die von den rückwirkenden Korrekturen betroffenen Kolleg:innen erreichen.
Ich persönlich denke, dass dieses Ergebnis den Beweis erbracht hat, dass es ordentliche Lösungen im Sinne und für die Belegschaft nur geben kann, wenn man als Betriebsrat das konstruktive Gespräch mit der Geschäftsleitung sucht.
Die „Hau drauf“ Methode und das schlichte Verweigern, wie von einigen Kolleginnen und Kollegen, auch aus den Reihen des Betriebsratsgremiums, gefordert, mag zwar im Augenblick das Gefühl von Genugtuung entstehen lassen. Ob das jedoch dauerhaft zu einem Erfolg führt, ist für mich jedenfalls mehr als zweifelhaft und ich befürchte ganz im Gegenteil, dass eine solche Strategie schlussendlich nur zum Nachteil der Kolleg:innen reicht, deren Interessen die Mitbestimmung zu vertreten hat.
Klar ist aber auch, dass weder die Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat der Vereinigung Luftfahrt, der Vereinigung Boden noch der ver.di die Konfrontation mit der Geschäftsleitung scheuen, sie sollte aber immer auch nur dann der Weg sein, wenn es partout nicht zu einer einvernehmlichen Lösung im Rahmen von Verhandlungen kommen kann.
Frank Schott
Anmerkung der Redaktion: Zum Redaktionsschluss stand die Zustimmung seitens der Gremien auf Arbeitgeberseite, des Betriebsrats, als auch der Bundesagentur für Arbeit noch aus. Mit einer Ablehnung des Ergebnisses rechnen wir jedoch nicht.