21.05.2021

Line Maintenance (LM) der LHT an den dezentralen Stationen.

Frust und Resignation liegen hier sehr nah zusammen und das Vertrauen in den Vorstand und die Führung schwindet von Tag zu Tag mehr. Man spielt hier mit Existenzen der Mitarbeiter, um das eigene Wohl zu befriedigen (LVV, Bonusleistungen). Was hat die neue Generation von Managern so verändert, dass sie nur noch an das eigene Wohl denkt? Unternehmens-, Mitarbeiterinteressen und Erhalt von Know-how scheinen mehr und mehr belanglos.


Soziale Kompetenz © DOC RABE AdobeStocks

Beginnen wir mit einer kleinen Geschichte:

Das Triebwerk eines großen Flugzeuges ist kaputt gegangen und niemand am dortigen Standort konnte es reparieren. Also hat die Fluggesellschaft einen Flugzeugtechniker mit über 30 Jahren Erfahrung beauftragt, den Fehler zu finden.
Er überprüfte das Triebwerk sehr sorgfältig und fand einen Fehler. Er holte einen kleinen Hammer aus der Tasche, klopfte auf eine bestimmte Stelle und löste damit das Problem. Damit hat er das Triebwerk repariert, es konnte neu gestartet werden und das Flugzeug konnte wieder mit 350 Passagieren zurück nach Hause fliegen

Der Flugzeugtechniker legte später seine Rechnung bei der Fluggesellschaft vor: Für die Reparatur dieses großen Flugzeuges berechnete er 20.000 €.
Der Chef der Fluggesellschaft fing natürlich an zu toben und fragte: "Was zur Hölle bildest du dir ein?! Du hast fast nichts getan. Du hast mit einem Hammer auf das Flugzeug geklopft!"
Seine Antwort darauf war sehr einfach:
1. „Der Hammerschlag kostet 2,00 €.“
2. „Ich wusste, wohin genau und wie stark ich mit dem Hammer zuschlagen musste, um die strategischen Punkte zu finden: Das kostet 19.998,00 €. Nicht der Hammerschlag ist entscheidend, sondern meine 40 Jahre Erfahrung."

Diese kleine Geschichte soll grade in der aktuellen Zeit uns selbständigen Menschen zeigen, wie wichtig es ist, dass wir unsere Erkenntnisse und Erfahrungen hervorheben. Sie sind das Ergebnis vieler Kämpfe, Erfahrungen, Sorgen, schlafloser Nächte und manchmal sogar Tränen.

Wenn ich innerhalb von 30 Minuten einen Job mache, dann nur, weil ich über 25 Jahre damit verbracht habe zu lernen, wie man diesen Job in 30 Minuten macht.
Der Kunde schuldet uns Jahre, nicht nur Minuten.
Jede unserer Arbeitsstunden kostet vorher viele Tage unseres Lebens.

Was lernen wir daraus?

Als erstes muss unser Management wieder verstehen lernen, dass für eine Lösungssuche nicht das kleine Kämmerlein der richtige Ort ist, um sich etwas auszudenken. Schlimm dabei ist dann oft das Ergebnis, was kaum ein anderer nachvollziehen kann.

Eigentlich schaue ich nicht gerne zurück, aber hier und jetzt ist es mal notwendig. In vielen Jahren, fast 40 an der Zahl, habe ich bei LH viele Führungskräfte an der Spitze kommen und gehen sehen. Es gab Gute und leider auch Schlechte. Am schlimmsten waren die, welche NICHT mit den Mitarbeitern sprechen, sondern die Mitarbeiter solange im Dunklen lassen, bis es nicht mehr zu verbergen ist. Oder aber, wie in den letzten Jahren sehr häufig passiert, diese es bereits durch die Medien erfahren haben.

Es schleicht sich in den oberen Etagen des Konzerns und in den Geschäftsfeldern mehr und mehr eine charakterlichSchieflage bei den Führungsstilen ein. Es ist genau das oben Beschriebene: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als lästiges Übel, als Nummer, als „BJ“, als „FTE“, sind also nur noch ein Kostenfaktor. Natürlich ist jeder Mitarbeiter auch ein Kostenfaktor, „aber ohne ihn geht es nun mal nicht“.

In den zurückliegenden Jahren durfte ich Topmanager kennenlernen, vor denen ich noch heute den Hut ziehen würde. Es waren Menschen, welche auch den Mut hatten, sich für Problemlösungen, Meinungen und Ideen von Mitarbeitern, besonders derer aus den unteren Ebenen, geholt haben (eben das „Personal an der Front“). Man hat dadurch eine Wertegefühl im Unternehmen geschaffen, was in der Welt seines Gleichen gesucht hat. Wertschätzung eines jeden einzelnen hatte man sich ganz groß auf die Fahne geschrieben. Noch heute spricht man von der Lufthansa-Familie.

Das heutige Management habe ich noch nicht zu sehen bekommen, so wie höchstwahrscheinlich 80% der Kolleginnen und Kollegen auch nicht. Das hinterlässt den faden Beigeschmack, dass man Angst hat, dass der „kleine, dumme Mitarbeiter“ (entschuldigt den Ausdruck, aber so fühlen wir uns doch, oder?) die allheilbringende Lösung haben könnte. Das würde dann wohl bei den Managern zu einem, aus ihrer Sicht, Gesichtsverlust führen.

Meine Damen und Herren da oben, mit allem Respekt (der mir von Ihrer Seite uns gegenüber leider fehlt), dem ist nicht so: Sie brauchen sich nicht vor uns zu fürchten. Genau das ist es gewesen, was uns als Unternehmen und Konzern groß gemacht hat, wo alle anderen neidvoll über den Zaun geblickt haben. Probiert es aus, es tut nicht weh und bringt uns wieder näher zusammen.

Hier und heute, ganz konkret, geht es um die Line Maintenance auf den dezentralen Stationen. Warum sind diese Stationen defizitär? Die LM Kolleginnen und Kollegen verrichten ihren Dienst unter voller Auslastung. Wenn dann unterm Strich nichts übrig bleibt an Gewinnen, muss der Fehler doch woanders liegen, oder?

Vielleicht zu viel Administration? Vielleicht zu viele Kostenstellen, welche ohne Gegenleistung mit bedient werden müssen? Am künstlich aufgeblasenen Vorschriftenwesen? Woran liegt es? Doch mit Sicherheit nicht an den Beschäftigten, welche man jetzt lieber vor die Türe setzen will.

Das nennt man dann eher „soziale Inkompetenz“ oder „Verlust an Realität“. Es zeigt vielmehr, dass hier nicht „nur“ das kaufmännische, sondern auch das fachbezogene Management viel enger zusammenarbeiten muss.

Warum hat man „nur“ die LM in FRA und MUC in die Mutter geholt? Warum nicht die ganze LM? LH fliegt doch alle LM Stationen weiterhin an und hat dort auch Flugzeuge in Nightstop stehen.

Man will jetzt lieber hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche man mit viel Geld ausgebildet hat, abschütteln und im Gegenzug aber Fremdfirmen groß und stark machen. Diese Unternehmen haben zum Teil keine Tarifstrukturen und die Beschäftigten werden dort teilweise genötigt, gegen geltende Vorschriften zu verstoßen, wenn sie ihren Job behalten wollen (kann man z.B. bei Kununu.de übrigens nachlesen). Wenn man das unterstützt, ist man auch nicht besser als eine Ryanair und deren Chef.

Ein guter Manager macht sich erst einmal Gedanken darüber, wie er sein Unternehmen zusammenhalten kann, wie er seine hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht an andere verliert (unternehmerische und soziale Verantwortung). Er baut sich Szenarien auf, sucht und erarbeitet Lösungen. Es werden Kunden akquiriert und es werden unsere Vorteile und Stärken hervorgehoben. Wenn dann der Preis eine Abschreckung darstellt, muss man die Struktur soweit ändern und vereinfachen, bis es passt.

Natürlich würde das auch Arbeitsplätze kosten, aber wenn wir wieder Fuß fassen wollen und unsere Positionen wieder zurückerobern wollen, brauchen wir nicht den „Admin“, denn der kann leider nicht am Objekt eingesetzt werden. Es braucht dann genau die Leute (CRS-fähiges Personal -B1), weniger Vorschriften, mehr Verantwortung bei den einzelnen Beschäftigten und vereinfachte Verfahren. Wer heute schon einmal ein Ersatzteil aus einem Lager bestellt hat, weiß wovon ich spreche und der weiß auch, woher der große Anteil an Leerlauf und Wartezeiten kommt.

Die meisten dieser o.g. Cat B Kollegen*innen (ca. 75%) sitzen in der Line Maintenance und genau diese will man abstoßen, anstatt sich Gedanken zu machen, wie man die LM revolutionieren kann. Will man diese Schiene irgendwann wieder aufbauen, um im Markt zu bleiben, darf man nicht vergessen, dass es durchaus 7 Jahre dauert, bis man einen voll einsatzfähigen CRS-fähigen (B1) Mitarbeiter zur Verfügung hat.

Im nächsten Schritt verstößt man dann von Seiten der LHA, also der Mutter, gegen Vereinbarungen. Letztes Beispiel ist die LM für die neue EW-Discover. LHA hat zugesagt, dass man sich aus dem Drittkundengeschäft heraushält und sich ausschließlich um Flugzeuge der DLH kümmert. Stattdessen holt man sich, mit fadenscheinigen Begründungen das LM Geschäft der o.g. EW-Discover und entzieht damit der LHT-LM in FRA auch noch den letzten Rest an Einlastung. Mit anderen Worten: Die Mutter lässt ihre Kinder verhungern. „Tolle Mutter“.

Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LM der LHT, besonders auf den dezentralen Stationen, erwarten vom Vorstand klare Kommunikation und das nicht erst, wenn man schon Umsetzung und Szenarien auf dem Papier hat. Viel früher müssen auch die besonders betroffenen Beschäftigten mit in den Entscheidungsprozess und die Ideenfindung einbezogen werden.

Ab jetzt gilt es, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, um diese wirtschaftliche fatale Spirale aufzuhalten:

Kein Job = kein Geld,

kein Geld = keine Ausgaben,

keine Ausgaben = keine Umsätze der Unternehmen

Resultat = wirtschaftlicher Abschwung und Massensterben von Unternehmen aller Größen und Bereichen. Das wird auch eine Lufthansa und andere Fluggesellschaften zu spüren bekommen.

Das gilt im Übrigen für alle Bereiche in der gesamten Lufthansa Group und der Luftfahrt, egal welchen Job man ausübt!!

Wir die VL fordern daher ein überlegtes Handeln aller Beteiligten im Entscheidungsprozess, ein sofortiges Einbeziehen aller Betroffenen. Schluss mit dem „Friss oder Stirb“ und ein genaues Abwägen, was für einen evtl. Neustart oder einer Restrukturierung wirklich benötigt wird. Stopp des Outsourcings und aufgeben von Stationen zum Vorteil der Konkurrenz. Jetzt ist noch Zeit zum Handeln, also lasst uns gemeinsam beginnen, bevor es zu spät ist.


Line Maintenance LHT-Deutschland Autor: Klaus Courtial

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