03.02.2017

Generalangriff

In der Vergangenheit wurde das Lufthansa Callcenter Kassel nach zweimaligen erheblichen Tarifzugeständnissen am Ende trotzdem geschlossen. Die Arbeit der Verkehrsabrechnung Norderstedt wurde zuerst nach Indien, dann nach Krakau verlagert und der heutige Standort wird bald endgültig geschlossen.


Langendörfer © VL VL

Große Teile des LH-Systemhauses wurden an IBM verkauft. Die dezentralen Lufthansa-Stationen werden nach der mit einem neuen TV VS DLH in 2005 und der dadurch damalig erkauften Sicherung demnächst doch definitiv geschlossen. Das Wachstum der LHT findet seit Jahren nur noch im Ausland statt und die Arbeit wird zunehmend dorthin verlagert. Das sind nur einige Beispiele für „unsere“ gelebte Globalisierung.

Jetzt kommt es richtig dick

Um etwa zwei Drittel der Arbeitsplätze bei WT in der LHT Hamburg über das Jahr 2021 sichern zu können, hatte der Vorstand im Rahmen seines Projekts „challENGe“ eine vollständige Erfüllung seiner Forderungen auf Tarif- und Betriebsebene in seiner Planung zu Grunde gelegt. Ansonsten sei der Triebwerkstandort Hamburg zukünftig nicht mehr zu halten! Fakt ist jetzt schon, dass es trotz der tariflichen und betrieblichen zugestandenen Verhandlungsergebnisse vom 20.07.2016 auf jeden Fall einen Personalabbau von 700 Mitarbeitern geben wird. In der LHT sind noch weitere Bereiche vom Arbeitsplatzabbau bedroht. Bei WE heißt ein entsprechendes Projekt „WE grows Global“, dass schon in seinen ersten drei Buchstaben die Zukunft beschreibet: „WEG“! Und auch weitere LHT-Bereiche sollen nicht ungeschoren davonkommen.

Die LCAG-Vorstände haben mit dem Programm „C40“ ab 2017 ebenfalls Sprengstoff gezündet. Zur Einsparung von mindestens 50 Mio. € Personalkosten sollen weltweit 800, in Deutschland 500 Stellen gestrichen werden.

In der LSG will der Vorstand in Europa bis 2021 von 23 Standorten 16 schließen und einen neuen Produktionsplatz in Tschechien errichten. Dem Vorhaben würden in Deutschland 1.700 Arbeitsplätze zum Opfer fallen.

Bei der LFT ist die Pilotenausbildung im Umbruch und keiner weiß bisher genau, wie sich das auf den Erhalt der Arbeitsplätze auswirkt.

Bei der Menge an geplanten Umgestaltungen wird man schon bald schwindlig und neigt dazu, in der Aufzählung das eine oder andere Paket zu vergessen.

Massive Eingriffe

Natürlich haben die Arbeitgeber immer ein „Allheilmittel“ im Angebot: Man müsse nur einzelne Tarifverträge absenken, verändern oder ganz abschaffen, dann wird alles gut.

Bisher hatten sie zwar nur bei der LHT (HAM WT) und der Fracht, dort in Nuancen leicht abgewandelt, in den vergangenen Monaten folgendes konkret und ultimativ gefordert. Details zu den einzelnen Unternehmen lesen Sie in weiteren Artikeln dieser Ausgabe.

  • Schaffung neuer, niedriger bewertete Tätigkeitsmerkmale und Änderung der Vergütungsstruktur in den TV VS
  • Die Tariferhöhung zum 1.1.2017 soll nicht umgesetzt werden und auf lange Sicht soll es überhaupt keine Tariferhöhungen und auch keine Stufensteigerungen mehr geben.
  • Die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sollen auf 20% des individuellen Stundensatzes gesenkt werden. Auch die VDS-Bestimmungen sollen entfallen.
  • Die Schichtzulage von 3,6% soll für alle ersatzlos gestrichen werden.
  • Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld soll halbiert werden und der Zuschlag zum Urlaubsgeld soll ganz entfallen.
  • Bestehende Regelungen zur Ergebnisbeteiligung sollen verschlechtert werden.
  • Neue Mitarbeiter sollen nur noch Anspruch auf 25 Tage bezahlten Urlaub haben, sollen aber 10 unbezahlte Tage einplanen können.
  • Bisher nicht konkret genannt aber sehr hilfreich beim Personalabbau, ist die Abschaffung der Unkündbarkeit nach 15 Dienstjahren.
  • Der beliebige Wechsel von der 37,5- Stundenwoche zur 35- bzw. 40-Stundenwoche ohne Lohnausgleich ist angestrebt.

Auch wenn der Arbeitgeber bei der LHT und im Besonderen bei WT nicht alles wunschgemäß umsetzen konnte und (auch noch) Gegenleistungen erbringen musste, bleibt die Absicht, unsere Tarifverträge zu „schleifen“, deren Thema Nr.1.

Jetzt muss jede und jeder aufwachen!

In Frankreich hätte es schon bei der Ankündigung solcher Forderungen längst brennende Ölfässer auf der Runway gegeben. Bei uns ist zu erwarten, dass der jetzt angebotene „kleiner Finger“ am Ende den Verlust der ganzen (Konzern-) Hand bedeuten könnte.

Noch nie waren unsere Manager so einfallslos bei ihrer Krisenbewältigungsphilosophie. Dabei ist es bei der LHT nicht mal eine echte Krise! Stattdessen soll die beabsichtigte dramatische Senkung der Personalkosten den Anlegern für die Zukunft versprochene Gewinne garantieren. Manager und Vorstände werden dafür aber nicht bezahlt. Sie sollen ideenreich Geschäfte akquirieren, damit die Unternehmen stabil und erfolgreich bleiben. Können sie das nicht, müsste man auch das Management und die Vorstände reduzieren und/oder ganz austauschen.

Die Verhandlungsergebnisse bei der LHT / WT, für die die Erklärungsfrist am 31.08.2016 endet, beinhalten auch einen 10-jährigen Kündigungsschutz. Die Rettung dieser vielen, zum „Abschuss“ freigegebenen Arbeitsplätze ist durch Lohnverzicht gar nicht möglich. Wo sollen denn die Mitarbeiter hin, die keine der angebotenen Abbaumaßnahmen in Anspruch nehmen können, wenn im gesamten Konzern mit deutlich weniger Personal ausgekommen werden soll. Da bleibt am Ende dann auch der Kündigungsschutz auf der Strecke.

Bevor noch nicht einmal die Unterschriften unter das WT-Verhandlungsergebnis erfolgt sind, verlangte am 12. August 2016 die LHT-Geschäftsleitung zur Sicherung der Flugzeugüberholung (WM4) Einsparungen von 30 € je Arbeitsstunde und möchte sich an der WT-Einigung orientieren.

Die Gewerkschaft ver.di braucht zur Abwehr dieses Generalangriffs auf all unsere tariflichen Errungenschaften in dieser ultimativ geforderten Form kompetente, entscheidungsfreudige und mit Rückgrat ausgestattete Tarifkommissionsmitglieder und einen lückenlosen Rückhalt in der Belegschaft - nicht nur bei ihrer Mitgliedschaft und bei den Betriebsräten!


Angriff Tarif Streik Tarifvertrag Autor: Werner Langendörfer

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