Wir sehen uns danach gelobt zu werden
Dein Chef kommt zu Dir, klopft Dir auf die Schulter: „Gut gemacht. Die Ergebnisse des aktuellen Projektes sind wunderbar.” Er dreht sich auf den Fersen um und ist genauso schnell wieder verschwunden, wie er erschienen war. Röte steigt Dir ins Gesicht, ein wohlig warmes Gefühl in den Magen, ein Lächeln auf den Lippen – Lob ist Labsal für die Seele. Trotzdem bleibt für viele ein fader Beigeschmack. Lob kann als süßes Gift verpackt, als Manipulation gesehen werden, ist aber immer eine Bewertung „von oben”.
Abhängig von der Qualität und dem Ton des Lobs, können uns die nett gemeinten Worte sogar wieder zum Kind werden lassen, dass nach der Bestätigung der Eltern sucht. Noch extremer ausgedrückt, könnten wir sogar sagen, dass Lob abwertend und gefährlich sein kann – wie ein kühles Glas Weißwein, dass nach einem langen Arbeitstag so gut schmeckt, uns aber schnell abhängig macht und am nächsten Tag für Kopfschmerzen sorgt.
Trotz allem sehnen sich viele Mitarbeiter danach, von ihren Vorgesetzten häufiger gelobt zu werden. Die direkte Folge aus diesem Lob-Defizit ist, dass sich Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten nicht wertgeschätzt fühlen. Sie kommen schnell zu dem Schluss, der Chef würde die Leistung nicht anerkennen und die Motivation sinkt in den Keller. Fehler werden vertuscht und der Arbeitsalltag mit Mittelmäßigkeit durchgezogen. Warum soll ich mich denn auch abrackern, wenn es eh nichts zu bringen oder nicht anzukommen scheint?
Natürlich liegen auch hier, wie so oft, Selbst- und Fremdwahrnehmung weit auseinander. Zwar sagen Mitarbeiter, sie würden kein oder nicht genügend Lob erfahren, Führungskräfte behaupten aber das Gegenteil. Woran liegt das? Unter anderem daran, dass die Qualität, der Ton, die Aufrichtigkeit des Lobes entscheidet, nicht die Quantität. Tenor eines falsch platzierten „Lobes“ und des Verständnisses von Lob oder Anerkennung: Viel, viel wichtiger aber noch, als lobende Worte ist echte Anerkennung. Das ist doch dasselbe? Falsch gedacht! Es gibt da die kleinen großen Unterschiede zwischen Lob und Anerkennung.
Lob und Anerkennung unterscheiden sich.
Anerkennung ist der Oberbegriff. Sie ist ein menschliches Bedürfnis, ein ganz natürliches Verlangen. Lob kann zur Anerkennung gehören, muss es aber nicht. Statt einer konkreten Handlung, einem vollbrachten Erfolg, wird die Person und deren Einsatz betrachtet – ohne Agenda, ohne Zielrichtung und auch dann, wenn das Ergebnis mal nicht so gut ausfällt. Anerkennung kann von oben nach unten, von links nach rechts, von unten nach oben erfolgen. Sie ist emotional, mehr eine Art Grundhaltung einem anderen Gegenüber statt einer spontanen Wertschätzung (welche bei uns im Konzern systematisch verloren geht – offenbar wegen „Young Generation der Führungskräfte“)
Hier sechs Regeln für mehr Anerkennung und richtiges Loben (welche jede Führungskraft während des Studiums eigentlich erlernt hat):
1. Die Basis: Dein ehrliches Interesse für Deine Mitarbeiter und Kollegen
Wahre Anerkennung und Wertschätzung kann ohne Interesse an Deinem Gegenüber nicht entstehen. Frage nach, finde heraus, was die Stärken Deiner Mitarbeiter sind und wie sie arbeiten! Gib regelmäßig Feedback und halte Dich über die Ergebnisse Deiner Mitarbeiter auf dem Laufenden! Wie willst Du aufrichtig loben, wenn Du nicht einmal weißt, was in Deinem Team vor sich geht.
2. Lob und Anerkennung muss aufrichtig und ehrlich sein
Jetzt kommt hier irgendein „nobody“ daher und erzählt Dir Du sollst mehr loben. Na prima, dann geht es eben morgen los und Lob wird gleich mal mit der Gießkanne ausgeteilt. Moment mal, so nun auch nicht! Nutze Lob nicht als Mittel zum Zweck, nicht als Manipulation, sondern nur dann, wenn Du wirklich begeistert von der Leistung des andern bist. Erkenne den Einsatz Deiner Mitarbeiter an.
3. Auf die Kommunikation – verbal und nonverbal – kommt es an
Drücke Dich so konkret aus, dass der Andere ganz klar versteht, womit das Lob verdient wurde. Mit pauschalen Aussagen lässt sich selten etwas anfangen. Ersetze ein „gut gemacht” doch mal mit einem „Das Ergebnis ist wirklich klasse geworden, Du hast es noch vor dem Termin fertiggestellt und die Erwartungen sogar übertroffen. Ich bin stolz darauf, Dich im Team zu haben und freue mich über Deinen Einsatz. Danke.” Klingt für Dich nach Lobhudelei? Ja, die ist es, wenn es nicht ernst gemeint ist. Sind die Anerkennung und das Lob aufrichtig und kommt an, dann motiviert es ungemein und vor allem auch langfristig.
Sei ehrlich, übertreibe nicht, aber spiele auch nichts herunter.
4. Zeige Gefühle
Du bist so richtig, richtig begeistert von der Leistung oder dem Verhalten Deines Kollegen? Dann lasse es ihn auch spüren. Schaue Deinem Gegenüber in die Augen und zeig mal so richtig Gefühle.
5. Kombiniere Lob nicht mit Kritik
Viel, viel zu oft wird Lob im gleichen Satz mit Kritik, mit einer Einschränkung ausgesprochen. So oft sogar, dass es für diese Art der Kommunikation einen Begriff gibt: Sandwich-Kritik. „Du hast das wirklich gut gemacht, aber …”. Das negative Feedback wird zwischen zwei Lagen herrlich weiches Brot gepackt und dann tut es auch gleich nicht mehr so weh. Lob, Kritik, dann wieder Lob – Damit auch ja kein fader Nachgeschmack entsteht. Am Ende bleibt von beiden nicht viel hängen. Die eigentliche Botschaft wurde total aufgeweicht und der Mitarbeiter hat den Eindruck, die Kritik sei der eigentliche Anlass für das Gespräch gewesen. Spreche Deine Gedanken und Dein Feedback lieber ganz offen, klar und konstruktiv an. Bleibe positiv, transparent und starte einen Dialog! Erst wenn Du beginnst Kritik als eine Chance zur Verbesserung anzusehen und Dich nicht davor fürchtest, den anderen zu verletzen, kann das Gesagte auch wirklich ankommen. Dein Mitarbeiter kann die Wahrheit vertragen, das verspreche ich Dir. Konzentriert Euch ganz auf die Lösung, nicht das Problem selbst und streiche das Wörtchen „aber” gleich aus Deinem kompletten Wortschatz.
6. Passe das Lob dem Mitarbeiter an
Die Grundvoraussetzung ist hier wieder Punkt Nummer 1: Dass Du aufrichtiges Interesse an Deinen Kollegen zeigst. Lerne die Charaktere, die mit Dir arbeiten kennen und finde heraus, wer eher introvertiert, wer eher extrovertiert ist. Nicht jedem ist es angenehm vor versammelter Mannschaft beim Meeting gelobt zu werden. Zudem kann öffentliches Lob als Kritik für einen anderen Kollegen aufgefasst werden. Nimm Dir also lieber die Zeit für ein persönliches Gespräch unter vier Augen. Das klingt irgendwie aufwendig? Ganz und gar nicht, wenn Du Lob immer gleich zeitnah und nicht gesammelt im Jahresendgespräch aussprichst.
Aber Achtung: Dosiere es richtig denn, „Zuviel Lob kann süchtig machen“!
Quelle: Studien FUM „Führen und motivieren“