12.11.2016

Die Überholspur fehlt - vom Sinn und Unsinn der Formalqualifikation

Vor vielen Jahren kamen Vordenker in Fachbereichen und Personaldiensten der LHT, vielleicht sogar getrieben von einer Neiddebatte, auf die Idee, behördenorientierte Karriereeinbahnstraßen einzuführen.

Name dieser Aktion war und ist die „Formalqualifikation“.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die lange Zeit und viele Jahre einen durchaus anspruchsvollen Arbeitsplatz mit Erfolg besetzt hatten, sahen sich jetzt mit dem Argument konfrontiert, dass man für die Erreichung dieses Arbeitsplatzes eine formale Qualifikation nachweisen müsse.

Alles Mühen und Reden von Betriebsräten und letztlich auch Tarifkommissionen, von diesen Einbahnstraßen abzulassen, hatte lediglich den Erfolg, dass einige Arbeitsplätze mit „abgespeckten“, formalen Weiterbildungsansprüchen ausgerüstet wurden. Wer wollte sich auch schon ernsthaft von Arbeitnehmerseite mit Argumenten gegen „pro Weiterbildung“ wehren?

Dies führt dann aber dazu, dass die (zukünftig) Betroffenen an keinem Punkt mehr die Möglichkeit haben, selber Kompetenzen auszuspielen. Der „Formalismus“ liegt wie ein Bremsklotz dazwischen.

Bildung, so die offensichtliche Denkweise der „Pro-Formalismus-Fraktion“, ist die Zertifizierung von Vorratsleistung mit dem Anspruch auf eine bestimmte Position. Wenn man also eine bestimmte Art von Bildungslizenz erworben hat, dann darf man in einen bestimmten Dienst eintreten, einen bestimmten Korridor betreten. Dabei handelt es sich ganz augenscheinlich um ein Behördenmodell von Statusverteilungslogik.

Dass ein solches „Karrieremodell“ verstaubt und antiquiert ist, erkennt man nicht nur allein daran, dass es von Behörden einfach nur abgeschrieben wurde, sondern auch an der jahrelangen Diskussion darum. Erfolgreiche und gute Veränderungen werden eingeführt, funktionieren und keiner spricht mehr drüber. Hier war und ist es umgekehrt!

Ein modernes System muss immer zwei Wege vorsehen, auf denen man eine attraktive Statusposition erreichen kann. Wenn wir eine dynamische Motivationsstuktur haben wollen, müssen wir Überholspuren vorsehen.

Dieses zweite Modell ist der (Arbeits-) Markt. Denn dieser Markt honoriert nicht die Leistung (in Form einer Formalqualifikation), sondern den Erfolg. Wie sollte es sich auch anders erklären lassen, weshalb Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der „ach so bedauernswerten Vergangenheit“ hervorragend und herausragend Arbeitsplätze ausgefüllt haben, die nunmehr „per Behördenbeschluss“ in eine Einbahnstraße verwandelt wurden. Diesen Menschen wurde ehemals die Möglichkeit gegeben, anstatt genommen, ihr Können und Wissen unter Beweis zu stellen.

Die USA setzen sehr auf die Logik des Marktes als einer Parallelstruktur zur Logik der Bildung. Dies ist auch die Erklärung des Phänomens, warum trotz eines maroden Bildungssystems in den USA die Aufstiegsmotivation dort sehr hoch ist.

Die Amerikaner wissen, dass es noch etwas anderes gibt, als bildungsbasierte Statuszuweisung.

Fazit: die Überholspur muss (wieder) her!

Lufthansa Technik Karriere Weiterbildung Autor: Werner Zielina

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