Das Ende der Air Berlin
Stand 04.11.2017
Am 15. August 2017 beantragte der Geschäftsführer der Air Berlin, Thomas Winkelmann, eine Insolvenz in Eigenverwaltung für seine Fluggesellschaft.
Am frühen Montagmorgen, dem 17. Oktober 2017, endete der letzte Air Berlin Langstreckenflug. Der Airbus A 330-200 mit der Flugnummer AB 7001 kam aus Miami und landete in Düsseldorf.
Am 27. Oktober 2017 wurde mit der Landung des Fluges AB 6210 München – Berlin-Tegel der Air Berlin Flugbetrieb um 23.45 Uhr endgültig eingestellt. Damit ging die 38 jährige Geschichte der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft zu Ende. Die professionelle Belegschaft, die Flughafenfeuerwehren und viele Schaulustige bereiteten der Air Berlin an vielen Flughäfen einen wehmütigen Abschied.
Geschichte
Der ehemalige PanAm-Pilot Kim Lundgren gründet 1979 die Air Berlin Inc. als Charter-Fluggesellschaft mit FAA-Zulassung. Da nur Alliierte in diesen Zeiten nach Berlin fliegen dürfen, wird das Unternehmen in Oregon/USA in das Handelsregister eingetragen. Am 28. April 1979 findet der Erstflug mit einer B707 von Berlin nach Mallorca statt. Die beiden B707 der Firma werden 1981 durch zwei B737 ersetzt und bedienen vorrangig den Mittelmeerraum.
Nach dem Mauerfall endet die alleinige Lufthoheit der Siegermächte für Berlin. Am 16. April 1991 gründet Joachim Hunold, der 82,5% der Anteile übernimmt, zusammen mit dem bisherigen Eigner unter der Zulassung des Luftfahrt-Bundeamtes die Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs KG mit anfangs 150 Mitarbeitern. Ab 1998 bedienen 10 Flugzeuge von neun deutschen Flughäfen und aus Luxemburg heraus touristische Ziele am Mittelmeer. Mit jetzt bereits 25 B737-800 werden ab 2001 von 14 deutschen Flughäfen aus beliebte Ferienziele angeboten. Im Konzert der aufkommenden Billig-Fliegerei bietet Air Berlin, die seit 1999 auch Mitglied der IATA ist, ab September 2002 ihren sog. „City Shuttle“ zu europäischen Großstädten an.
Übernahmen
2004 erwirbt Hunold von dem Formel 1 Fahrer Lauda zunächst 24% von dessen Fluggesellschaft Niki bis 2010 die völlige Übernahme erfolgt. Eine ähnliche Beteiligung an der Germania scheitert allerdings. Am 11. Mai 2006 ging Hunold als Air Berlin Limited & Co. KG an die Börse.
Im August 2006 wird die dba (Deutsche BA) für angeblich 120 Mio. € hinzugekauft. Sie fliegt noch bis 30. November 2008 als eigenständige Tochtergesellschaft. Das Wachstum wird mit der Übernahme der LTU am 27. März 2007 und später im Jahr mit einer 49%-Beteiligung an der schweizerischen Belair Airlines weiter beschleunigt. Die Absicht, auch den Ferienflieger Condor übernehmen zu wollen, wird Mitte 2008 wieder aufgegeben.
Im Oktober 2009 übernimmt TUI Travel 9,9% der Air Berlin Anteile. Die Air Berlin übernimmt das TUI fly Städte-Streckennetz mit 117 Verbindungen und charterte von ihr 14 Flugzeuge.
Im Dezember 2011 wird Etihad Airways für 73 Mio. € mit 29,21% größter Einzelanteilseigner.
Im März 2012 tritt Air Berlin dem Airline-Verbund Oneworld bei. Alle Technikbetriebe werden in der neuen Gesellschaft Air Berlin Technik GmbH zusammengefasst.
Geschäftsführung
Joachim Hunold übergibt nach 20 Jahren sein Amt als CEO am 1. September 2011 an Hartmut Mehdorn (ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Bahn), der die Aufgabe einer Restrukturierung bis Januar 2013 wahrnimmt. Ihm folgt der Österreicher Wolfgang Prock-Schauer, der den Abbau von 900 Arbeitsplätzen ankündigt, im November 2014 aber wieder zurücktritt. Ab Februar 2015 versucht sich Stefan Pichler zwei Jahre lang vergeblich an der Rettung der Air Berlin. Er wird 2017 durch Thomas Winkelmann, der bisher die Lufthansa-Tochter Germanwings geführt hat, ersetzt.
Verluste und Verschuldung
Im Dezember 2012 verkauft Air Berlin 70% sein Vielfliegerprogramms für 184 Mio. € an Etihad. Im April 2014 wird mit 315,5 Mio. € der bis dato größte Jahresverlust des Unternehmens bekannt, der mit einer Wandelanleihe durch Etihad von 300 Mio. € ausgeglichen wird. Seit Juli 2016 besitzt Air Berlin keine eigenen Flugzeuge mehr. Die Flotte wird auf Airbus A320 harmonisiert und komplett geleast, das Angebot um 10% gesenkt.
Im Geschäftsjahr 2015 weist Air Berlin einen Verlust von 307 Mio. € aus, der im Folgejahr 2016 mit 667 Mio. € noch übertroffen wird. Damit summiert sich der Gesamtverlust auf insgesamt 1,14 Mrd. €. Im ersten Halbjahr 2017 betragen die Verluste 447,6 Mio. €. Damit steigen die Gesamtschulden auf rund 1,9 Mrd. €. Nachdem Etihad am 11. August 2017 nicht mehr bereit ist, weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, ist der Weg in die Insolvenz unvermeidbar.
Übernahmen
Die Deutsche Lufthansa AG übernimmt im Bieterverfahren zuzüglich der bereits im Leasing betriebenen 38 weitere Flugzeuge für rund 1,3 Mrd. € von den Leasinggebern und will die dann insgesamt 81 Fluggeräte bei Eurowings integrieren. Darüber hinaus hat der Lufthansa Konzern die nicht insolventen Fluggesellschaften Niki mit 1.041 Mitarbeitern und LGW (Luftfahrtgesellschaft Walter) mit 440 Mitarbeitern sowie deren Slots für 210 Mio. € erworben und erhält damit Zugriff auf 48 Flugzeuge. Die Lufthansa will weitere rund 1.300 Mitarbeiter der Air Berlin einsetzen. Sie müssen sich aber auf die Arbeitsplätze bei Eurowings neu bewerben.
Das Logistik-Unternehmen Zeitfracht erhält den Zuschlag für die Air Berlin Tochter Leisure Cargo mit rund 60 Mitarbeitern in Düsseldorf. Am 26.10.2017 wird bekannt, dass Zeitfracht, gemeinsam mit der Wartungsfirma Nayak, auch die Air Berlin Technik, allerdings nur mit 300 der rund 850 Mitarbeiter übernehmen will. Bei Redaktionsschluss stand zu erwarten, dass nur 1.128 Verwaltungsmitarbeiter in eine Berliner Transfergesellschaft, die am 1. November 2017 die Arbeit aufgenommen hat, wechseln können. Ein Transfer für die restlichen Mitarbeiter ist an der fehlenden Kostenbeteiligung der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen und der neuen Eigner gescheitert und Kündigungen werden ausgesprochen.
In letzter Minute teilt Easyjet am 27.10.2017 mit, sie werde 25 Flugzeuge im Leasing abnehmen, Slots und Buchungen in Berlin-Tegel für rund 40 Mio. € übernehmen und bis zu 1.000 Piloten und Flugbegleiter in Deutschland einstellen. Neue Bewerbungen seien aber erforderlich.
Durch einen Übergangskredit der Bundesregierung konnte der Flugbetrieb bis 27. Oktober 2017 weitergeführt werden. Das Insolvenzverfahren ist am 1. November 2017 eröffnet worden. Die Gläubigerversammlung findet am 24. Januar 2018 in Berlin statt.